Nach dem Weggang Zimmermanns... bis heute

 

In Carlsfeld entwickelte Ernst Louis Arnold die Fabrik erfolgreich weiter.1888 kaufte er ein ehemaliges Schulgebäude und baute eine neue Werkhalle. Der Betrieb wurde unter dem Namen „ELA“ bekannt. Hier wurden Konzertinas, Bandonions und Symphonettas gebaut.

Alfred, der jüngste Sohn Ernst Louis Arnolds, gründete 1911 eine weitere Firma mit dem Namen „Alfred Arnold“.

1933 war diese Firma mit ca. 100 Beschäftigten einer der wichtigsten Arbeitgeber in Carlsfeld. Monatlich wurden etwa 600 Instrumente hergestellt von denen 85 Prozent nach Südamerika exportiert wurden, wo sie den Tango am Rio de la Plata prägten. Carlsfeld wurde das international anerkannte Zentrum der Bandonionproduktion. Und bis heute verbindet sich das Firmenzeichen „AA“ (seit 1929) bei Musikern aus aller Welt mit dem Bandonion aus Carlsfeld.

In Carlsfeld selbst wurde das Instrument fast in jedem Haus gespielt. Außerdem gab es ein Werksorchester der Firma Alfred Arnold und einen Bandonion-Club.

1964 endete die Handzuginstrumentenproduktion im Ort. Auch die Musik verstummte fast vollständig.

Seit Anfang der 90er Jahre gibt es Bemühungen, die Bandoniontradition wieder zu beleben.

1992 gab es ein Benefizkonzert mit dem Bandonionsolisten Karl Oriwohl und der Bandoniongruppe Chemnitz in Carlsfeld. Seit 1993 findet regelmäßig Anfang Oktober ein Bandonionfestival in Carlsfeld statt, das von namhaften Orchestern aus ganz Deutschland sowie von Solisten gestaltet wird. Auch Tangokünstler aus Südamerika begeisterten die Konzertbesucher.

Allerdings traten Carlsfelder Musiker anfangs dabei nur am Rande in Erscheinung. 1993 hatten erstmals der neunjährige Robert Wallschläger und sein Lehrer Dieter Seidel, ein ehemaliger Bandonionbauer, einen Auftritt beim Konzert. Ab 1999 war Roberts jüngerer Bruder Richard Wallschläger mit dabei.

Um die musikalischen Traditionen in Carlsfeld zu pflegen und zu bewahren, wurde 2001 im Ort der Bandionionverein Carlsfeld e.V. gegründet. Neben der Traditionspflege stellte er sich die Aufgabe, eine Bandoniongruppe zu gründen, die eine gute musikalische Qualität besitzt und die auch junge Spieler für das Instrument gewinnt und ausbildet.

Heute, knapp acht Jahre nach seiner Gründung, kann der Verein eine gute Bilanz seiner Arbeit ziehen.

Waren es in den 90er Jahren drei Carlsfelder Spieler, die zu den Bandonionfestivals auftraten, so besitzt Carlsfeld heute ein Orchester mit 18 Mitgliedern, zu denen auch ein Schlagzeuger und ein Sänger gehören.

Dank fleißiger Probenarbeit und der Offenheit für Neues haben sich die Musiker ein gutes musikalisches Niveau und ein vielfältiges Repertoire erarbeitet. Während der Festivals im Oktober 2007 und 2008 bewiesen die Carlsfelder Spieler, dass sie mit so erprobten und langjährig bestehenden Orchestern wie dem Bandonionorchestern Halle oder Dresden durchaus mithalten können. Dabei demonstrierten sie neben der volkstümlichen Bandonionmusik auch ihre Hinwendung zu moderner Musik wie Swing, Rock, Pop und Musical. Auch der Tango sowie klassische Stücke gehören zum Programm des jungen Klangkörpers.

Besonders hervorzuheben ist die gute Nachwuchsarbeit des Vereins. Die beiden jüngsten Orchestermitglieder, die elfjährige Anne Heinz und der zwölfjährige Valentin Mende, begeistern mit ihrem Können das Publikum und lernen immer besser, auch schwierige Stücke zu meistern.

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Sieben Mitglieder des Orchesters sind jünger als 30 Jahre. Robert Wallschläger unterrichtet gegenwärtig acht Schüler im Bandonionspiel. Darüber hinaus organisiert der Bandonionverein seit 2004 alljährlich im Mai ein Konzert, bei dem bekannte und namhafte Bandonionkünstler das Publikum begeistern. Zum Beispiel gastierte der weltbekannte Tangovirtuosen und -komponist Luis Stazo (links im Bildunten im Bild mit einem Bandonion von Robert Wallschläger "RW") aus Argentinien mit seinem Quintett „Stazo Mayor“ bereits zweimal in Carlsfeld. Von hier stammen seine Bandonions der Marke „AA“, die er heute noch spielt.

Die Musiker des Bandonionvereins Carlsfeld treten zu den Maikonzerten stets mit auf und nutzen die Möglichkeit, bei gemeinsamen Proben und während der Konzerte von den Profis zu lernen.

Der Carlsfelder Klangkörper ist zu einem festen Bestandteil des kulturellen Lebens der Region geworden. In zahlreichen Städten und Gemeinden der Region war der Bandonionverein z. T zum wiederholten Male Publikumsmagnet.

2007 wurde eine CD unter dem Titel „Bandonionklänge“ produziert. Eine weitere CD wird in diesem Jahr herauskommen.

Seit Januar 2007 werden in Carlsfeld wieder Bandonions und andere Handzuginstrumente produziert und repariert. Robert Wallschläger, der als Kind in den 90er Jahren als einer der ersten Carlsfelder Bandonionisten öffentlich auftrat, hat den Beruf des Handzuginstrumentenmachers gelernt, erfolgreich seine Meisterprüfung bestanden und den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Renommierte Künstler bestätigen ihm eine gute Qualitätsarbeit.

Während der Bandonionfestivals und der Maikonzerte öffnet Robert Wallschläger den Besuchern seine Werkstatt und informiert sie über die technischen Details und die musikalischen Möglichkeiten des Bandonions. Rund 150 Interessenten waren im Oktober 2008 bei ihm zu Gast.

Der Verein sorgte auch dafür, dass das eingangs erwähnte Bandoniondenkmal und die Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus Zimmermanns geschaffen wurden und dass ein Lehrpfad an die Orte früherer Produktionsstätten des Bandonions führt.

Zusammenfassend kann man sagen: In Carlsfeld gibt es neue Hoffnung für das Bandonion und seine Musik. Das Erbe Carl Friedrich Zimmermanns und der Arnolds ist in guten Händen.

Ingrid Witscher, Klaus Wallschläger,

Bandonionverein Carlsfeld e.V.