Biografie

 

Über das Leben von C.F. Zimmermann geben seine biografischen Notizen Auskunft, die aus dem Archiv der North Carolina University in Raleigh stammen. Er wurde am 4. September 1817 als erstes von sechs Kindern im Eisenhüttenwerk Morgenröthe geboren. Als er noch klein war, organisierte seine Mutter Musikstunden für ihn, zuerst auf dem Klavier, später auf der Geige. Als er 11 Jahre alt war, zog die Familie nach Carlsfeld. Mit einigen Kameraden ging er nach Böhmen, um Violinstunden beim Kantor Wenens zu nehmen. Da sich seine Eltern nur gelegentlich Musikstunden leisten konnten, erwarb er sich einen Teil seines musikalischen Könnens durch sonntägliches Musizieren mit seinen Freunden. Der Vater reiste als Spitzenhändler in Sachsen herum. „Und nachdem die Mutter in meinem 15. Lebensjahr gestorben, machte ich die Haushälterin der anderen fünf Geschwister. Im 16. Jahr heiratete der Vater eine simple, grämliche Person, was mich bewog, zu meinem Onkel Heinrich Rockstroh in Chemnitz als Eisengießerlehrling zu gehen, woselbst ich die Musik wieder betrieb, um mir Kleider in der Lehrzeit zu verdienen“, schreibt Zimmermann. Wieder nach Hause zurückgekehrt, ging er mit seinem Bruder auf den Spitzenhandel. Die Stiefmutter sandte ihnen aber keine Waren nach. „Wir waren bis Danzig gekommen“, schreibt Zimmermann, „und da ich mich mit meiner 3reihigen Harmonika von Uhlig aus Chemnitz dort beliebt zu machen wusste, halfen uns andere Handelsleute mit Waren aus, so dass wir den 4wöchentlichen Dominikimarkt mitmachen konnten. Eine Lobrede im Danziger Dampfboote über mein liebliches Spiel auf der Harmonika änderte meinen Sinn. Ich beschloss, mir selbst ein solches Instrument, noch größer, zu bauen, weil Uhlig nicht dazu zu bewegen war; er lieferte mir aber einen Satz anderer Tonplatten.... und nun machte ich mich daran, mir selbst ein solches Instrument zu erbauen.“ Um 1840 begann er mit fünf Talern Anfangskapital in einer Dachkammer des elterlichen Wohnhauses, größere Instrumente zu bauen. Da er sich für den Bau seiner geplanten größeren Instrumente das nötige Anfangskapital schaffen musste, stellte er auch einfache, einreihige Harmonikas her, die von der armen Bevölkerung gekauft werden konnten. Durch seine Beteiligung an Ausstellungen erhielt er so viele Aufträge, dass er die erste Harmonikafabrik in Carlsfeld (Haus am Bach) 1847 bauen konnte. 1850 veröffentlichte er einen Bericht über die Pariser Gewerbeausstellung von 1849, auf der er ein von ihm erfundenes Instrument vorstellte, welches auf der Deutschen Concertina basierte. Das Instrument soll als „Carlsfelder Concertina“ bezeichnet worden sein. Diese Carlsfelder Concertina von Zimmermann unterschied sich von den bisherigen Concertinas, die einmal 1829 von dem englischen Physiker Charles Wheathstone und 1834 von dem Chemnitzer C. F. Uhlig unabhängig voneinander erfunden worden waren, durch eine größere Anzahl der Stimmen, durch eine andere Anordnung der Tastatur und durch eine edlere Klangfarbe. Das schreibt der Klingenthaler Musikwissenschaftler Dr. Kurt Kauert, der sich dabei auf ein Manuskript von Manuel Roman in einer Sendung des Westdeutschen Rundfunks vom 18. Oktober 1985 beruft. Manuel Roman bezeichnet in seinem Manuskript Zimmermann als den wirklichen Erfinder des Bandonions.

 

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Ein noch vorhandenes wertvolles Dokument von Anfang der 1850er Jahre ist ein von Carl Friedrich Zimmermann verfasster „Selbstlehrer für Concertina, eine leichtfassliche Anleitung, in höchst kurzer Zeit das Concertina selbst ohne Lehrer geläufig spielen zu lernen, mit besonderer Rücksicht auch auf solche, denen es bisher an musikalischen Kenntnissen fehlte“. In dieser ConcertinaSchule stehen über den Noten Zahlen, wie sie noch heute über den Tasten des Bandonions eingeprägt sind.

 

Hier das Vorwort zu diesem „Praktischen Selbstlehrer“: Bei dieser Beschreibung bietet Zimmermann seine „größeren ganz chromatischen Concertinas mit 108 Tönen“ an. Hier haben wir es also bereits mit dem Bandonion zu tun, obwohl es die Bezeichnung Bandonion damals noch nicht gab. Chromatisch heißt, dass auf diesem Instrument bereits die vollständige Tonleiter spielbar ist. Die damaligen Concertinas waren nicht chromatisch. Bei ihnen fehlten zur vollständigen Tonleiter die Halbtöne und der Tonumfang war wesentlich geringer. Nach einem weiteren Dokument aus dem Dresdner Staatsarchiv vom Jahre 1851 erhielt Zimmermann die Konzession zum Anlegen eines Wasserrades für das Betreiben von Holzschneidemaschinen für seine Harmonikafabrik. In günstigen Zeiten beschäftigte er bis zu 76 Arbeiter, meist Waldarbeiter, Uhrenbauer und Nagelschmiede aus dem Dorf.

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1851 stellte er auf der Weltausstellung in London seine Chromatische Konzertharmonika sowie Bass- und Tenorharmonikas und andere Instrumente vor. 1854 zeigte er auf der Industrieausstellung in München 15 verschiedene Harmonikas aus seiner Produktion. Zimmermann schreibt in seinen biografischen Notizen: „Im Jahre 1851 erhielt ich ein Patent in Sachsen auf eine Verbesserung meiner 3reihigen Concertina, wo ich mittels einer Sondertaste alle Töne auf diesem Instrumente um eine ganze Oktave höher erklingen machen konnte, nicht nur dieses, sondern alle Töne beliebig doppelt (in Oktaven) erklingen lassen konnte.“ Bei der 3reihigen Concertina Zimmermanns handelt es sich wahrscheinlich um das gleiche Instrument, das erstmals 1856 von dem Krefelder Geschäftsmann Johannes Schmitz im „Krefelder Jahrbuch“ als Bandoneon bezeichnet wird.

Es gibt in der deutschen Sprache nur sehr wenige Veröffentlichungen über das Bandonion. In ihrer Ungewissheit schreiben viele Autoren die Erfindung des Instruments dem Händler Heinrich Band zu. Doch Heinrich Band hat nie Instrumente gebaut. Eine Nachfrage im Krefelder Stadtarchiv ergab, dass es über Heinrich Band keine Dokumente aus dieser Zeit gibt, bis auf diese Zeitungsanzeige (links im Bild), die Mitte Dezember 1850 erschien.

 

Carl Friedrich Zimmermann musste trotz seiner Erfolge feststellen, dass er mit seine Konkurrenten, die mehr Kapital hatten und billigere Instrumente herstellten, nicht mehr mithalten konnte. Seinen Betrieb kaufte Ernst Louis Arnold, der bei Zimmermann Harmonikabau gelernt hatte. 1864 folgte er dem Ruf seines Bruders nach Amerika und übernahm dessen Musikgeschäft in Philadelphia Hier wurde er durch die Erfindung der „Autoharp“, einer Zither mit einer Mechanik, durch die das Spielen nach Zahlen möglich wurde.